Die private Haftpflichtversicherung

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I. Allgemeines

Jeder sollte sie haben, die private Haftpflichtversicherung. Wir sichern uns gegen Berufsunfähigkeit oder private Unfälle, schützen unseren Hausrat und unser Eigenheim. Dabei ist auch die private Haftpflichtversicherung ein Muss für jeden. Denn fügen wir in unserem Alltag Dritten Schäden zu, können diese ohne einen solchen Schutz durch Pfändung und Zwangsvollstreckung auf unser Einkommen und unser Eigentum zugreifen. Ein unachtsamer Ausflug mit dem Fahrrad kann so verheerende finanzielle nachteilige Folgen auslösen, die uns ein Leben lang begleiten können. Auch wenn wir von einer Haftpflichtversicherung sprechen, handelt es sich bei ihr nicht um eine Pflichtversicherung im Sinne des Pflichtversicherungsgesetzes, wie beispielsweise die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Halters oder die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung von Steuerberatern oder Rechtsanwälten.

II. Gegenstand der Versicherung

Versicherungsschutz besteht für den Fall, dass der Versicherungsnehmer (und mitversicherte Personen) wegen eines während der Wirksamkeit des Versicherungsvertrages eingetretenen Schadensereignisses (sog. Versicherungsfall), das einen Personen-, Sach- oder sich daraus ergebenden Vermögensschaden zur Folge hatte, aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts von einem Dritten auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden.

Der Versicherungsschutz ist gerichtet auf die Prüfung der Haftpflichtfrage, die Erfüllung berechtigter Ansprüche und die Abwehr unberechtigter Ansprüche. Daher ist in der privaten Haftpflichtversicherung auch ein Rechtsschutz vorhanden (Abwehr unberechtigter Ansprüche).

Grundsätzlich hat der Versicherungsnehmer Anspruch auf Deckung und nur in Ausnahmefällen Anspruch auf Zahlung, zum Beispiel wenn der berechtigte Ansprüche des Geschädigten befriedigt hat.

III. Bindungswirkung

In der Praxis begegnet uns ein Dreiecksverhältnis. Einerseits stehen sich Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherer im sog. Deckungsverhältnis gegenüber. Anderseits verbindet den Versicherungsnehmer als Schädiger das sog. Haftpflichtverhältnis zum Geschädigten. Einen Direktanspruch hat der Geschädigte gegen den Haftpflichtversicherer nicht.

Der Haftpflichtversicherer muss im Haftpflichtprozess die Interessen des Versicherungsnehmers wahren wie ein von diesem beauftragter Anwalt. Dies gilt auch bei einer Kollision beiderseitiger Interessen. In diesem Fall muss der Haftpflichtversicherer seine Interessen zurückstellen, BGHZ 119, 279. Der Haftpflichtversicherer darf daher auch seinem Vertragspartner nicht in den Rücken fallen und ggf. sich den Vortrag des Gegners zu Eigen machen, wenn dieser einen Ausschluss des Versicherungsschutzes bedeuten würde. Trägt der Schädiger zur Erlangung eines möglichst hohen Schmerzensgeldes vor, die Verletzung sei vorsätzlich herbeigeführt, würde dies bei erwiesener Tatsache einen Leistungsausschluss zur Folge haben, vgl. hierzu z.B. OLG München VersR 2009, 822.

Ist das Haftpflichtverhältnis durch ein gerichtliches Verfahren zwischen Versicherungsnehmer als Schädiger und dem Geschädigten geklärt, stellt sich die anschließende Frage, ob das Ergebnis des gerichtlichen Verfahrens zu Lasten des Haftpflichtversicherers bindend ist.

Die Bedingungen gehen zunächst von uneingeschränkter Bindung gerichtlicher Verfahren aus, unabhängig davon, ob sie aufgrund eines streitigen Urteils, Anerkenntnisses oder Vergleiches entstehen. Allerdings sehen die Bedingungen eine Bindungswirkung von Anerkenntnis und Vergleich, die ohne Zustimmung des Haftpflichtversicherers abgegeben worden sind, nur für die Fälle vor, in denen der Anspruch auch ohne Anerkenntnis und Vergleich bestanden hätte.

IV. Ausschlüsse

Die Bedingungen halten in Ziffer 7 eine Vielzahl von Ausschlüssen vor, die hier nicht alle erläutert werden können. Wir haben uns daher auf Ausschlüsse beschränkt, die in unserer Praxis häufig Anlass zum Streit geben. Ausschlüsse sind grundsätzlich eng auszulegen.

1. Vorsatz

Kein Anspruch besteht, wenn der Versicherungsnehmer den Schaden vorsätzlich herbeigeführt hat. Dabei muss sich der Vorsatz nicht nur auf die haftungsbegründende Verletzungshandlung, sondern auch auf die Verletzungsfolgen erstrecken. Dies war im Fall des OLG Hamm, VersR 2011, 1386 nicht gegeben, wo gewollte sexuell motivierte Spielchen zu einer Schädelprellung und HWS-Distorsion führten.

2. Schäden an gemieteten, geleasten oder geliehenen Gegenständen

Haftpflichtansprüche wegen Schäden an fremden Sachen und allen sich daraus ergebenden Vermögensschäden, wenn der Versicherungsnehmer diese Sachen gemietet, geleast, gepachtet, geliehen oder durch verbotene Eigenmacht erlangt hat oder sie Gegenstand besonderen Verwahrungsvertrages sind.

Gerade der Einwand, die beschädigte Sache sei dem Versicherungsnehmer geliehen worden, wird häufig erhoben. Wie die übrigen Überlassungsverträge setzt auch der Leihvertrag voraus, dass dem Versicherungsnehmer ein klagbarer Anspruch auf Gebrauchsüberlassung zusteht. Da in der Regel keine schriftlichen Verträge verfasst werden, häufig Sachen aus reiner Nachbarschaft oder zwischen Verwandten hin- und hergegeben werden, mangelt es in der Regel an einem solchen Anspruch mit der Folge, dass auch kein Leihvertrag vorliegt. Vielmehr sind die Gebrauchsüberlassungen als reine Gefälligkeitshandlungen einzuordnen. Ist allerdings auch für sie ein Ausschluss vereinbart, wird der Anspruch auf Deckung scheitern.

3. Kleine Benzinklausel

Nicht versichert ist die Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft-, Luft- oder Wasserfahrzeugs wegen Schäden, die verursacht werden durch den Gebrauch des Fahrzeugs.

Fährt also der Versicherungsnehmer mit einem Fahrzeug und schädigt dabei einen Dritten, ist seine private Haftpflichtversicherung nicht deckungspflichtig. Hier reguliert die Kraftfahrzeughaftpflicht.

Benutzt der Angestellte zum Auftauen der zugefrorenen Frontscheibe im Fahrzeug seines Arbeitgebers einen Heizlüfter und führt dies zum Brand, so haftet letztlich die private Haftpflichtversicherung. Denn auch wenn der Versicherungsnehmer sicherlich Fahrzeugführer, zumindest aber Besitzer war, hat sich nicht das Risiko des Fahrzeuggebrauchs verwirklicht, sondern das des Heizlüfters, BGH VersR 2007, 388.

Der BGH hat bei der Auslegung der Benzinklausel betont, dass sie einen lückenlosen Deckungsanschluss zur Fahrzeughaftpflichtversicherung bezweckt und eine Doppelversicherung vermeidet. Allerdings, so der BGH, ist die Klausel immer aus sich allein heraus auszulegen und zu interpretieren. Von daher spielt es keine Rolle, wie der Begriff „Gebrauch“ in den AKB interpretiert wird. Allein der Umstand, dass der Versicherungsnehmer nicht zwingend über ein Fahrzeug mit entsprechender Haftpflicht verfügt, sondern lediglich über eine private Haftpflichtversicherung, macht die Auslegung über die Benzinklausel aus sich heraus notwendig. Folglich spielt es für die Auslegung der Benzinklausel auch keine Rolle, ob im konkreten Fall Gebrauch (auch) nach den AKB vorliegt, (BGH VersR 2007, 388).

Versicherungsbedingungen sind so auszulegen sind, wie sie der durchschnittliche Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse versteht. Dieser wird in der Benzinklausel erkennen, dass „ein Risiko aus dem Bereich der Privathaftpflichtversicherung ausgenommen wird, das typischerweise dem Risikobereich der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zuzuordnen ist. Das wird auch der verständige Versicherungsnehmer bedenken; er wird Versicherungsschutz für das mit dem Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verbundene Risiko in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung erwarten. Insoweit erkennt der Versicherungsnehmer, wie der Versicherungssenat des BGH bereits wiederholt ausgesprochen hat (vgl. etwa Senatsurteile vom 14. Dezember 1988 - IVa ZR 161/87 - VersR 1989, 243 unter 3a; vom 16. Oktober 1991 - IV ZR 257/90 - VersR 1992, 47 unter 1), dass mit der hier in Rede stehenden Klausel grundsätzlich vom Versicherungsschutz in der Privathaftpflichtversicherung ausgenommen werden soll, was als typisches Kraftfahrzeuggebrauchsrisiko in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung versicherbar ist.“ (BGH a.a.O.)